Gestern kamen wir bei einer kleinen, spontanen Kaffeerunde auf das Thema Einkaufen. Die anwesende Dame schämte sich dafür Ihren Mann nicht mit zum Einkaufen nehmen zu wollen.

Sofort viel mir meine gestrige Einkaufssession ein, die so ganz anders ablief als das mäandernde Wandern durch verschiedenste Läden ohne jegliche Strategie, das ich von den weiblichen Wesen in meinem Leben kennen gelernt habe.

Damit will ich diese Art des Einkaufens in keinster Weise abwerten, Sie ist nur für mich - und ich vermute anderen Männern könnte es ähnlich gehen - irgendwie so unheimlich anstrengend.

Könnte diese Art des Einkaufens immer noch auf dem Prinzip des archaischen Sammelns basieren?

Wenn ich mir vorstelle, wie die weiblichen Wesen in grauer Vorzeit im nahen Umfeld der Behausung umher wanderten und aufsammelten was sie dort fanden, empfinde ich schon eine gewisse Ähnlichkeit zu dem oben beschriebenen Einkaufsverhalten.


Ich kaufe fast nur zielgerichtet ein. Bevor ich losgehe gehe ich strategisch vor und plane ziemlich genau was ich wann und an welcher Stelle einkaufe und wie ich die Wege zwischen den Einkaufsstellen möglichst effizient gestalte. Ich gehe also nicht los und schaue mal, was es in der Welt so zu kaufen gibt. Ich reagiere fast nur auf Fehlbestände in meiner Lebensausrüstung. Ich schaue dann auch nicht nach Farben, Designs oder Kombinationsmöglichkeiten mit meinen schon bestehenden Besitztümern.

Wenn bei mir z.B. eine Jacke dysfunktional wird oder irgendwie anderweitig nicht mehr benutzt werden kann, dann überlege ich genau was an dieser Jacke - ich habe verschiedene Jacken für verschiedene Anwendungsbereiche - wichtig ist.

Bei manchen Jacken ist die Zahl und Anordnung der Taschen essentiell, bei anderen das Sie atmungsaktiv sind. Manche müssen ein sehr kleines Staumaß haben und wieder andere müssen vor allem Winddicht sein.


Gestern also fasste ich den Beschluss meine Stiftsammlung - mein Handwerkszeug für die Erstellung meiner Postkarten - aufzufüllen. Denn es ist obernervig, wenn ich für einen bestimmten Effekt eine bestimmte Farbe benötige und gerade dieser Stift ist kurz vorm Exitus.

Die Entscheidung dafür fiel um ca. 15:45 Uhr. Den nachfolgenden Prozess skizziere ich nur in Stichworten, da er eigentlich langweilig ist, dennoch so wichtig für die Aussage dieses Beitrages, dass ich ihn nicht weglassen kann.

15:45 Uhr - Beschluss gefasst neue Stifte zu kaufen

15:46 Uhr - kurze Recherche, ob und wo es meine Stifte zu kaufen gibt und zu welchen Preis

15:52 Uhr - Feststellung -> vor Ort zu kaufen ist die beste Alternative

15:55 Uhr - Ermittlung der Entfernung zum Geschäft in einer Vorstadt von Münster

15:56 Uhr - Kalkulation der Fahrtzeit mit dem Fahrrad für die Hin,- und Rückfahrt mit der Entscheidung noch vor dem Abendbrot zurück sein zu wollen

15:57 Uhr - Entscheidung für die Strecke entlang des Kanals statt durch die Stadt wegen der höheren Durchschnittsgeschwindigkeit

15:58 Uhr - Entscheidung sofort loszufahren, damit ich vor dem Abendbrot zurück bin

16:04 Uhr - Entsprechende Kleidung angezogen. Regencape eingepackt. Fahrrad aus dem Keller geholt. Und ab dafür …

16:10 Uhr - Nach dem Umfahren der Schleuse, um auf die andere Seite des Kanals zu kommen, ärgere ich mich den Gegenwind nicht eingeplant zu haben

16:13 Uhr - Überlegung wegen des Windes doch auf die Stadtstrecke umzuswitchen beginnt

16:15 Uhr - Dann wird mir klar: Gegenwind auf dem Hinweg, bedeutet - meistens - Rückenwind auf dem Rückweg. Damit hole ich - wahrscheinlich - die verlorene Zeit wieder auf. Also bleibe ich auf der Kanalstrecke

16:45 Uhr - Ankunft am Geschäft mit 11 Minuten längerer Fahrtzeit

16:46 Uhr - Zielgerichtetes ansteuern des Regals, wo die Stifte liegen (ich war schon mal da)

16:47 Uhr - Checken welch Farbsets vorhanden sind und wie viel Pakete ich von jedem Farbset mitnehmen will

16:50 Uhr - Entscheidung alle vorhandenen Farbsets zweimal mitzunehmen

16:51 Uhr - Kurze Überlegung vielleicht doch noch Sprühkleber mitzunehmen

16:52 Uhr - nach kurzem Check der Lage (es gibt nur eine offene Kasse und eine 12 Meter lange Schlange / es gibt niemand den ich fragen kann, ob es Sprühkleber gibt und wo der in diesem Riesenladen liegt) verzichte ich auf den Sprühkleber

16:54 Uhr - Es wird eine weitere Kasse aufgemacht. Kurzer Check, ob ein Wechsel zur anderen Kasse günstiger sein könnte. Nein ich bleibe in meiner Schlange

17:00 Uhr - Verstauen der Stifte und aufsatteln des Fahrrads. Ab dafür …

17:30 Uhr - Ankunft Homebase - keine Zeit aufgeholt, da der Wind zwischenzeitlich abgeflaut war

17:32 Uhr - Fahrrad absatteln und in den Keller gebracht

17:42 Uhr - Die Stifte erst mal nur auf den Stuhl gestapelt. Die Entscheidung, wo ich 12 Pakete Stifte in meinem Wohnzimmeratelier unterbringe, überfordert mich

18:00 Uhr - Abendbrot - Puh, das hat ja trotz des Gegenwinds und der Schlange an der Kasse noch gepasst

19:45 Uhr - Nach einer kurzen Pause bin ich dann auch in der Lage einen Platz in meinem Schrank freizuräumen und den Stiften einen dauerhaften Platz in meinem Kunstuniversum einzuräumen


Erst durch das Gespräch in der oben genannten Kaffeerunde, kam ich auf die Idee diesen Prozess genauer zu untersuchen. Wenn ich nun die archetypische Brille aufsetze, kann ich durchaus etwas empfinden, was vielleicht immer noch als Archetyp in mir vorhanden ist.

Ja, ich verwende manchmal scherzhaft den Ausdruck “nach Beute Jagen”, wenn ich vom Einkaufen spreche. Auch die Art und Weise des akribisch strategischen Vorgehens könnte sich aus dem alten Jagdinstinkt begründen.

Natürlich ist das hier keine wissenschaftliche Untersuchung … und ich finde es trotzdem extrem spannend genauer hinzuschauen und vor allen zu fühlen.

Denn nun kann ich vielleicht bewusster entscheiden meine Art des Einkaufens öfter mal loszulassen und auch mäandernd durch die Welt zu wandern um dabei Dinge zu entdecken, die ich nicht gesucht habe.